Gastbeitrag von Dr. Mario Weichel, Danielle Golinski, Simone Schmatz, / ADVANT Beiten
Gemeinsam mit Dr. Mario Weichel, Danielle Golinski und Simone Schmatz, Experten für Gesellschaftsrecht bei unserem langjährigen Partner, der Rechtsanwaltskanzlei ADVANT Beiten, haben wir einen Leitfaden für Gründer und Gründerinnen zusammengestellt, die strategisch denken und langfristig planen.
Die Gründung eines Startups ist aufregend – Ideen sprudeln, das Team wächst, und erste Gespräche mit potenziellen Partnern oder Investoren laufen. Doch eine der ersten und zugleich wichtigsten Entscheidungen steht oft schon ganz am Anfang: die Wahl der passenden Rechtsform!

Warum ist diese Entscheidung so bedeutsam? Die Rechtsform beeinflusst nicht nur die Haftung, Steuerlast und Gründungskosten, sondern auch, wie flexibel ihr in Zukunft agieren könnt, wie attraktiv ein Unternehmen für Investoren ist und ob eure Struktur Wachstum und Skalierung unterstützt. Viele Gründer und Gründerinnen entscheiden sich zu Beginn für die vermeintlich einfachste Lösung – etwa eine GbR oder eine UG (haftungsbeschränkt). Doch wer nur auf schnelle Gründung und minimale Kosten schaut, riskiert, später teuer und aufwändig umstrukturieren zu müssen.
In diesem Beitrag geben wir euch einen umfassenden Überblick, der nicht nur die Basics erklärt, sondern zeigt, wie ihr bereits heute die Weichen für morgen stellt.
Die richtigen Fragen vorab – strategische Überlegungen
Bevor ihr in Details zur Rechtsformwahl eintaucht, solltet ihr euch einige grundlegende Fragen stellen, die weit über die Gründungsphase hinausreichen:
- Wollt ihr allein starten oder gemeinsam mit Co-Foundern?
Allein oder im Team zu gründen, hat Einfluss auf die passende Struktur. Eine GbR ist für zwei Gründer und Gründerinnen schnell aufgesetzt, aber nicht unbedingt die sicherste oder flexibelste Lösung. - Wie hoch ist euer persönliches Risiko – und wollt ihr privat haften?
Wenn ihr keine persönlichen Risiken eingehen wollt, fällt die Wahl schnell auf eine haftungsbeschränkte Rechtsform. - Wie viel Kapital könnt und wollt ihr zu Beginn einbringen?
Eine GmbH erfordert ein verfügbares Stammkapital von 25.000 Euro, wobei mindestens 12.500 Euro bei Gründung einzuzahlen sind. Eine UG kann auch mit deutlich weniger Kapital gegründet werden – ab einem Euro. Aber Vorsicht: Investoren und Banken schauen auch auf die Höhe des Stammkapitals, da dieses jedenfalls ein Indiz für die verfügbare Haftungsmasse ist. - Habt ihr vor, Investoren an Bord zu holen?
Viele Investoren erwarten eine Kapitalgesellschaft – und spätestens bei einer Finanzierungsrunde führt an einer GmbH kein Weg vorbei. - Wie flexibel muss eure Struktur für Beteiligungen, Mitarbeiter-Optionen oder einen späteren Exit sein?
Rechtsformen unterscheiden sich stark darin, wie einfach spätere Beteiligungsmodelle oder Exit-Strategien umgesetzt werden können.
Wer diese Fragen früh klärt, spart sich spätere Korrekturen und Umstrukturierungen, die nicht nur Zeit, sondern auch Geld kosten können!
Die gängigen Rechtsformen im Überblick – Vor- und Nachteile
GbR (Gesellschaft bürgerlichen Rechts)
Die GbR ist die einfachste Form einer Gesellschaft. Zwei oder mehr Personen schließen sich zusammen – auf Grundlage eines schriftlichen Gesellschaftsvertrages, aber genauso auch nur mündlich und formlos per Handschlag möglich.
VORTEILE | NACHTEILE |
Schnelle und unkomplizierte Gründung | Persönliche, unbeschränkte Haftung aller Gesellschafter |
Keine hohen Gründungskosten | Kein professionelles Image bei Investoren |
Ideal für erste Testphasen oder kleine Projekte | Komplizierte Umwandlung in eine andere Rechtsform später |
Fazit: Nur sinnvoll, wenn ihr keinerlei Haftungsrisiko habt und kein schnelles Wachstum oder externe Investoren plant.
Vorsicht: Sobald ihr mit Freunden zielgerichtet an einer gemeinsamen Idee arbeitet, kann schon eine sog. Innen-GbR zwischen Euch vorliegen, mit allen Rechtsfolgen des Gesellschaftsrechts.
UG (haftungsbeschränkt)
Die Unternehmergesellschaft wird auch als „Mini-GmbH“ bezeichnet. Die Gründung ist bereits ab 1 Euro Stammkapital möglich, realistischerweise sollten es aber mindestens ein paar Tausend Euro sein.
VORTEILE | NACHTEILE |
Haftungsbeschränkung | Pflicht, 25 % der jährlichen Gewinne anzusparen, bis das Stammkapital von 25.000 Euro erreicht ist |
Geringe Gründungskosten | Investoren bevorzugen meist eine GmbH |
Schnelle und einfache Gründung | Spätere Umwandlung in eine GmbH kann verhältnismäßig teuer und aufwendig werden |
Fazit: Gut für den Start, wenn das Kapital knapp ist – aber besser gleich vorausschauend planen und, wenn möglich, direkt eine GmbH gründen.
GmbH (Gesellschaft mit beschränkter Haftung)
Der Klassiker unter den Rechtsformen für Startups.
VORTEILE | NACHTEILE |
Haftungsbeschränkung auf das Gesellschaftsvermögen | Erfordert 25.000 Euro verfügbares Stammkapital (Einzahlung von 12.500 Euro bei Gründung) |
Professioneller Auftritt und Akzeptanz bei Investoren | Notarkosten und laufender Verwaltungsaufwand sind etwas höher als bei einer UG |
Hohe Rechtssicherheit | |
Flexibilität bei Beteiligungen und Exit-Planungen |
Fazit: Die GmbH ist für ambitionierte Gründer und Gründerinnen und Startups, die Investoren gewinnen und skalieren, oder auch nur ernsthaft am Markt auftreten wollen, fast immer die beste Wahl.
AG (Aktiengesellschaft)
Die Aktiengesellschaft ist eher die Königsklasse der Rechtsformen und für Startups mit sehr großen Plänen – etwa einem Börsengang oder einer international ausgerichteten Struktur – geeignet, doch erforderlich ist sie als Rechtsform im Vergleich zu einer GmbH keineswegs.
VORTEILE | NACHTEILE |
Einfache Übertragung von Anteilen | Hoher Gründungsaufwand |
Strukturell geeignet für große Finanzierungsrunden und Börsengänge | Komplexe Verwaltungs- und Berichtspflichten |
Hohe Außenwirkung und Professionalität | In der frühen Startup-Phase meist überdimensioniert |
Fazit: Für den Start in der Regel nicht notwendig. Wenn euer Unternehmen groß werden soll und der Börsengang eine Option ist, kann sie später die richtige Wahl sein.
Weitere Rechtsformen im Überblick
- PartG (Partnerschaftsgesellschaft): Nur für Freiberufler wie Ärzte, Anwälte oder Architekten, daher für Startups in der Regel nicht geeignet.
- Genossenschaft: Ideal für gemeinschaftlich organisierte Plattformen oder Community-basierte Modelle.
- OHG (Offene Handelsgesellschaft): Schnelle Gründung, aber persönliche Haftung aller Beteiligten, daher für Startups sehr unüblich.
- KG (Kommanditgesellschaft): Flexibel, aber mit komplexeren Haftungsstrukturen; wird wie die OHG kaum zum Gründen verwendet.
- GmbH & Co. KG: Beliebt für größere Unternehmensstrukturen, um Haftungsbeschränkung und Flexibilität zu kombinieren.

Du benötigst Beratung beim Aufbau deines Startups? Unsere Partner wie ADVANT Beiten stehen Gründern und Gründerinnen aus der WERK1 Community mit Rat und Tat zur Seite.
Was Investoren erwarten
Kaum ein Thema ist für Investoren so wichtig wie klare Strukturen. Auch wenn in der Frühphase eine UG akzeptabel sein mag: Spätestens bei einer Finanzierungsrunde wird eine GmbH erwartet.
Worauf Investoren achten:
- Idealerweise Gesellschaftsverträge, die schon auf eine Investorenbeteiligung zugeschnitten sind (auch wenn sie im Rahmen einer Finanzierungsrunde dennoch meistens angepasst werden)
- Vesting-Regelungen, die sicherstellen, dass die Founder langfristig im Unternehmen bleiben
- Good- und Bad-Leaver-Klauseln, die regeln, was passiert, wenn ein Gründer oder eine Gründerin das Unternehmen verlässt
- Eine transparente und rechtssichere Struktur, die eine spätere Due Diligence nicht zur Herausforderung werden lässt.
- Eine ordentliche betriebswirtschaftliche Planungsrechnung sowie ein strukturiertes Vertragsmanagement
Mitarbeiterbeteiligung – lieber früh als spät mitdenken
Ein starkes Team ist Gold wert – und viele Startups setzen deshalb auf Mitarbeiterbeteiligungsmodelle (ESOPs oder virtuelle Anteile). Diese lassen sich in einer GmbH gut abbilden. Bei der UG wird es komplizierter oder muss bereits in der Satzung berücksichtigt sein. Auch hier gilt: Besser von Anfang an richtig planen, als später mühsam korrigieren. Dazu wird es noch einen gesonderten Beitrag geben – stay tuned!
Steuerliche und finanzielle Aspekte
Steuern:
- Einzelunternehmen und Personengesellschaften werden transparent besteuert, d.h. die Gewinne fließen direkt zu den Gesellschafter:innen und werden bei diesen mit dem jeweiligen persönlichen Steuersatz besteuert.
- Kapitalgesellschaften zahlen Körperschaft- und Gewerbesteuer auf Ebene der Gesellschaft, es fallen aber keine Steuern auf Ebene der Gesellschafter und Gesellschafterinnen an, solange nichts ausgeschüttet wird. Reinvestierte Gewinne bleiben in der Gesellschaft und können strategisch eingesetzt werden.
Kreditwürdigkeit:
- Personengesellschaften genießen häufig höhere Kreditwürdigkeit aufgrund der persönlichen Haftung mindestens eines Gesellschafters.
- Kapitalgesellschaften müssen in der Anfangszeit oft Sicherheiten, z.B. Bürgschaften, stellen, bis das Unternehmen Substanz aufgebaut hat.
Fördermöglichkeiten:
- Viele Förderprogramme setzen eine Kapitalgesellschaft voraus oder orientieren sich an bestimmten Kriterien, die ihr bei der Wahl der Rechtsform bereits berücksichtigen solltet.
Holdingstrukturen – für wen lohnt sich das?
Holdingstrukturen sind seit Jahren beliebt – und das aus gutem Grund: Sie bieten steuerliche Vorteile, ermöglichen die Trennung von Risikobereichen und erleichtern mehrfache Beteiligungen. Doch auch hier gilt: Jede zusätzliche Gesellschaft verursacht Aufwand und Kosten. Für Gründer und Gründerinnen, die ihr künftiges Vermögen nicht vollständig privat verbrauchen, sondern reinvestieren möchten, kann eine Holding von Anfang an sinnvoll sein – hierfür genügt aber fast immer eine UG.
Fazit: Der kluge Weg zahlt sich langfristig aus
Die Wahl der Rechtsform ist kein lästiger Formalakt. Sie ist die Basis für euren Erfolg, für Wachstum, (steuerliche) Effizienz und professionelle Außenwirkung. Wer hier von Anfang an strategisch denkt und gut beraten ist, vermeidet Fehler, die teure Umstrukturierungen und unnötigen Ärger nach sich ziehen können.
Herzlichen Dank an das ADVANT Beiten Team für den Gastbeitrag!