Das Stichwort „Accelerator“ ist in der Regel mit einer Vorstellung über finanzielle Förderung und Überarbeitung von Business Modellen verknüpft. Dass ein Programm zur Förderung von innovationsfreudigen Startups auch anders funktionieren kann, zeigt das W1 Forward Accelerator-Programm, initiiert vom InsurTech Hub Munich im WERK1. Beim achtwöchigen, frühphasigen Programm setzen die Macher in erster Linie auf fundierte, zielgerichtete Gründungsberatung und die intensive Nutzung des Branchennetzwerks.
Der Insurtech Hub – ein Pool an Möglichkeiten für Startups & Versicherer
„Der InsurTech Hub ist eine Plattform, die die verschiedenen Spieler in der Industrie zusammenbringt“, erklärt Ben Shaw, Director Program & Strategie. Vierzehn große Versicherer, Großunternehmen, Wirtschafts- und Strategie-Consultants und Universitäten wie die LMU oder die Bundeswehrhochschule gehören zum Netzwerk. „Die Vorstellung ist, dass all diese Institutionen ein Interesse daran haben, Innovation im Versicherungskontext zusammen zu betreiben. Und ein Part, um diese Innovation voranzutreiben, ist eben auch das Accelerator Programm, das die verschiedenen Versicherer in direkten Kontakt mit kleinen, innovativen Projekten und Startups bringt.“
Programm USP & Benefits für die Startups
An welche Startups richtet sich das Programm wollen wir von Ben wissen, den wir für’s Interview zum seit Mitte Mai laufenden Programm im WERK1 Café treffen. In einigen Fällen sei erst die Businessidee da, gegründet wurde bisher noch nicht – frühphasig eben. „Wichtig ist: Wir suchen die Startups nicht nur nach der Idee aus, sondern auch danach, ob wir das Gefühl haben, dass sie sie umsetzen können.“ Heraus kamen beim Selection-Event zehn Jungunternehmen. Erst zwei von ihnen haben bereits ein Funding bekommen. „Über acht Wochen werden wir ihnen alle Mittel mitgegeben, um ihr Business auf- und auszubauen – sprich Beratung im Business Modelling, Financial Moddeling, Marketing & Sales etc.“, so Ben zum USP des Accelerator-Programms. „Und wir bringen sie in Kontakt mit 14 großen Versicherungen, die ihnen dann direktes Enterprise Feedback geben, also versicherungsrelevantes Feedback. Das ist extrem wertvoll und unbezahlbar.“
Programmfinale: Demo Day
Am Ende der acht Wochen – so das Ziel der Bemühungen rund um die regelmäßigen Termine mit den Big Playern aus der Versicherungsbranche – sollen die jungen Unternehmen aus dem Programm und den Kontakten resultierende Pilot-Projekte in der Pipeline haben. Zum Finale wartet auf alle nach amerikanischem Vorbild der Demo Day mit rund 400 Gästen. „Diese Veranstaltung gibt den Startups die Möglichkeit sich u.a. vor potentiellen Investoren zu präsentieren und ihre Geschichte zu erzählen. Warum kann mein Startup die Branche verändern? Dafür haben sie vier Minuten.“
Businessideen, von denen Versicherer & Versicherte profitieren
Und verändern wollen die Jung-Unternehmen einiges! Sieben B2B-Startups sind dabei. Unter ihnen zum Beispiel eine Firma, die eine Software zur Unterstützung der Rehabilitation nach Krankheiten und Verletzungen entwickelt. „Das ist unter anderem interessant für private Krankenversicherer, die sichergehen wollen, dass die Kosten durch eine falsch umgesetzte Physiotherapie nicht ins Unermessliche steigen“, erklärt Ben Shaw. „Außerdem ist solch ein Angebot auch im Interesse der Versicherten, weil es direkte Rückmeldung gibt, ob die Übungen richtig ausgeführte wurden.“ Ein weiteres Beispiel sei eine App zur Raucherentwöhnung, entwickelt von einem Team aus Experten mit jahrelanger Erfahrung im Health Sektor. Aber auch drei B2C-Startups nehmen an dem Programm teil. „Unser internationalstes Team kommt aus Thailand und befasst sich mit On-Demand-Insurance, also der Versicherung von Autofahrern auf Stundenbasis. So bleiben die Kosten weitaus geringer und die Abwicklung ist extrem easy und kundenfreundlich“, berichtet Ben. Andere Teams kommen aus Österreich, San Francisco oder Barcelona.
Innovationspotential im Versicherungsmarkt
Das Innovationspotential in der Versicherungsbranche sei riesig, und die Nachfrage nach jungen umdenkenden Unternehmen groß, führt Ben die Hintergründe zum Accelerator Programm aus. „Vor etwa zwei Jahren gab es bei den Versicherern den Aha-Moment. Da wurde der Branche bewusst, dass wir im Bereich Financial Services technologisch einfach noch nicht so weit sind. Und dass man so viel mehr mit digitalen Banken machen könne. Informationen über Privatpersonen, die deren persönliches Risiko wiederspiegeln, können wir jetzt viel einfacher über Data Mining und Data Science umsetzen“, erklärt Ben. Durch die schnelle und präzise Datenverarbeitung haben die Versicherungen heute eine extrem gute Ausgangslage, um sich zu digitalisieren. Und genau da setze der Insurtech Hub mit dem Accelerator Programm an. Ben: „Diese Digitalisierung ist unglaublich schwierig und die großen Versicherer lösen das über Partnerschaften mit externen Experten, unseren Startups.
Tipp vom Branchenkenner
Wer es am Ende wirklich schafft? Das hängt laut Ben nicht nur daran, ob man an dem Programm teilnimmt. Sondern vor allem ob die Gründer das vielfältige Feedback umsetzen können, das sie während der acht Wochen bekommen. „Ein erfolgreicher Gründer ist immer auch ein Hustler, jemand der seine Sache stetig vorantreibt. Auch wenn sich die Kernidee ändert – und das tut sie sowieso immer – wichtige ist dran zu bleiben, mit Willenskraft und Flexibilität. Dann kommt man auch ans Ziel.“ Und das gilt sicher nicht nur für die Versicherungsbranche.